Öffentliche Veranstaltungen

Die Reihe der Programmveranstaltungen ist ein wesentlicher Baustein der Sommerakademie, um einem interessierten Publikum Einblicke in die Jahresthematik geben zu können. Die öffentlichen Veranstaltungen werden von den Dozenten, Gastreferenten und den an der Sommerakademie teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern gestaltet.

Die Vorträge der Dozentinnen und Dozenten aus Wissenschaft und Theorie sind interdisziplinär. Die zur Fakultät eingeladenen Künstler erklären spezifische Aspekte des Inszenatorischen in ihrem Werkansatz.


14. August, 18.30 Uhr
Eröffnungsvortrag von Herbert Lachmayer, Philosoph und Kulturhistoriker, Wien, anschliessend
Vernissage der Ausstellung, Apéro
ZPK, Auditorium

Herbert Lachmayer versteht es vorzüglich, menschliche Lebenswelt in ihrer Ganzheit zu erfassen und scheinbar Fremdes auf höchst inspirierende Weise zu verbinden. Ob Mozart und die Oper des 18. Jahrhunderts, die sozialen Räume von Küche und Büro oder die Zusammenhänge von Technik, Industrie und Kultur – der Kulturwissenschaftler lässt sich nicht als Fachmann auf ein bestimmtes Gebiet einengen.

15. August, 18.30 Uhr
Inspiring Decadence, Podiumsgespräch mit Franz West, der Künstlergruppe Gelitin und Herbert Lachmayer
ZPK, Auditorium

Die hochkarätig besetzte Runde entfaltet subversiven Freigeist und philosophiert über die raffinierteste Form der Lebensentfaltung: über die Dekadenz. Ist sie aufgeklärte Lebensart oder opulenter Lifestyle? Elegant-lässig werden gesellschaftliche Hierarchien und Normen durchbrochen.

Franz West ist einer der eigenwilligsten und international bekanntesten Künstler Österreichs. In der Nachfolge des Wiener Aktionismus revolutioniert er seit mehreren Jahrzehnten mit seinen Plastiken unsere Auffassung von Kunst im öffentlichen und privaten Raum. Sein Werk arbeitet mit Ironie ebenso wie mit gezielter Provokation und Hinterfragung unseres Ästhetikbewusstseins.

16. August, 18.30 Uhr
Ein bunter Abend, Performance der Künstlergruppe Gelitin
ZPK, Auditorium

Gelitin sind international als die „Bad Guys“ der österreichischen Kunstszene bekannt. Sie schöpfen gerne aus dem Vollen, Provokation gehört dazu: Formelles wird zum inszenierten Chaos und heiteren Happening. Die Wurzeln ihrer Kunst liegen im Dadaismus, ihre Werke und Auftritte sind dionysisch – geprägt von Rausch, Exzess, Körperlichkeit, Erotik und Humor.

17. August, 18.30 Uhr
Vortrag Situatives Spektakel und/oder spektakuläre Situation, Sabeth Buchmann, Kunsthistorikerin und -kritikerin, Berlin und Wien
ZPK, Seminarraum Nord II

Kulturelle Beispiele vom Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre beschreiben einen Zeitpunkt, an dem sich Jugend- und Popkultur überschnitten, Protest- und soziale Bewegungen, Avantgardefilm und elektronische Massenmedien eine tiefgreifende kulturelle Revolte verhiessen. Wie ungebrochen auch heute noch ihre Bedeutung im politisch-kritischen Kunstdiskurs ist, zeigt ein Querschnitt durch die aktuelle Rezeption.

18. August, 15.00 Uhr
Vortrag Das Grand Hotel – Bühne des experimentellen Individualismus, Herbert Lachmayer, Philosoph und Kulturhistoriker, Wien
Hotel Bellevue Palace

Grand Hotels sind Bühnen, die Menschen darin treten in unterschiedlichen Rollen auf. Die Treppe dient weniger zur Überwindung von Höhenunterschieden –  sie ist Theater, in dem soziale Unterscheidungen zelebriert werden. Die Rezeption, der Concierge sind Logen der Beflissenheit, die Bar ein ausgeklügeltes Intermezzo, der Speisesaal nur vermeintlich eine Stätte der Sättigung. Alles wird Teil in einem gesellschaftlichen Stück mit komplizierten Ritualen. Es gibt Gäste und Personal. Jeder weiss, wie er sich zu verhalten hat, um sich der eigenen Bedeutung durch Spiegelung zu versichern.

Für den Adel des 19. Jahrhunderts war das Grand Hotel die billigste Form, repräsentativ „Hof zu halten“ – dem aufsteigenden Bürgertum war es Bühne der Selbstbestätigung wie Trapez zu gesellschaftlicher Karriere: „Empfang bei der Welt“, so hat es Heinrich Mann einmal genannt. Im performative turn unserer Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts gewinnt diese alte Idee der Selbststilisierung an Aktualität – allerdings fehlt die „aktive Dekadenz“, aus welcher das fin de siècle noch so ausgiebig die Verfeinerung von Lustbarkeit auskosten und nihilistische Lebenskraft schöpfen konnte.

20. August, 18.30 Uhr 
Vortrag und Zaubervorstellung Geistesgegenwart –  Zur Kultur- und Mediengeschichte der Zauberkunst, Brigitte Felderer, Kuratorin und Kulturwissenschaftlerin, Wien, zusammen mit dem Zauberer PinoPan, Solothurn
PROGR, visarte-Raum

Wer heute ein Zauberbuch zur Hand nimmt, erfährt schnell, dass die visuelle Rhetorik, die in diesen Büchern beschrieben wird, nicht so ohne weiteres „zu bewerkstelligen“ ist. In der Zauberkunst verbinden sich Kompetenzen des Bildwissens, des Performativen und nicht zuletzt des textgebundenen Arguments – ein gelungener Zaubertrick lässt diese Kompetenzen souverän zusammenspielen und verweist damit unmittelbar auf den kulturellen Bedarf unserer technisierten Gegenwart.

Zauberkunst gehört zu den ältesten Formen der Unterhaltung. Schwebende Menschen oder sich verwandelnde Gegenstände versetzen seit Jahrhunderten Menschen in Staunen. Magier führen vor und verführen ihr gebanntes Publikum. Zaubertricks leben vom Augenblick der Inszenierung, sie sind Experimente zum Vergnügen der Sinne. Das Arsenal an Tricks ist seit jeher begrenzt, es wird aber einfallsreich variiert und stets neu auf den jeweiligen Stand der Technik gebracht. Die Effekte sind poetisch und scheinen den Wissenschaften zu widersprechen. Doch tatsächlich täuscht der Zauberkünstler, indem er Naturgesetze besser anzuwenden vermag als sein Publikum. Kulturhistorisch gesehen inspirierte das mit ausgefeilten Techniken arbeitende Zaubertheater des 19. Jahrhunderts die Entwicklung neuer Medien - vor allem jene des Films. Und umgekehrt sind viele Effekte, die Medienkünstler heute verwenden, denen der Illusionen im 18. und 19. Jahrhundert sehr ähnlich.

21. August, 18.30 Uhr
Vortrag In girum imus nocte et consumimur igni – Die Situationistische Internationale, Stefan Zweifel, Philosoph und Publizist, Zürich, und Juri Steiner, Direktor Zentrum Paul Klee
ZPK, Auditorium

Die Situationistische Internationale (1957 – 1972) ging aus verschiedenen neo-avantgardistischen Bewegungen hervor, die alle an einer Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit durch ästhetische Konzepte und einer entsprechenden künstlerischen Praxis interessiert waren. Subversive Gesellschaftskritik wurde mit radikalem revolutionärem Ernst und mit abgründigem Witz und Selbstpersiflage zugleich vorgetragen. Dieses bewusste Überschreiten von Spielregeln der etablierten politischen Auseinandersetzung irritierte das Establishment zutiefst. Gerade durch ihre Fundamentalkritik an der Konsumgesellschaft übernahmen die Protagonisten um Guy Debord eine Vorreiterrolle für die 68er Bewegung und wurden zur Referenz für Kunstrichtungen wie COBRA, Wiener Aktionskunst, Fluxus, Arte Povera und Punk.

Anschliessend Bern-Kultur-Exkursion der Sommerakademie zur Vernissage der Ausstellung:
PROVISORIUM, Galerie im Atelier – Atelier in der Galerie, 22. August – 15. September
Galerie Rigassi, mit einer Performance von Verena Frank. Ein Ausstellungsprojekt von Selma Käppeli und Nicola Müllerschön. Die Künstler Bernhard Huwiler und Sophie Schmidt räumen ihr Atelier im PROGR und richten in der Galerie Rigassi ihr Atelier ein. Vice versa findet die Ausstellung mit Arbeiten von Damian Jurt, Christian de Lutz und Annika Unterburg in den Ateliers im PROGR statt.

22. August, 18.30 Uhr
Akademieabend mit Performance der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sommerakademie, Apéro
ZPK, Auditorium

Die Überraschung! Als krönenden Abschluss in der Reihe der Abendveranstaltungen präsentieren die an der Sommerakademie teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler eine Performance, die sie während ihres Berner Aufenthalts zusammen mit der Herbert Lachmayer und Brigitte Felderer, Akademieleitung 2007, erarbeitet haben.